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15.04.2024, Freiberg

Von Ehegatten-Notvertretung bis Patientenverfügung: Sonntags-vorlesung zu medizinischen Vorsorgemaßnahmen mit Besucher-rekord

Dr. med. Christoph Uhrlau

Der Andrang zur gestrigen Sonntagsvorlesung am Freiberger Kreiskrankenhaus war groß. Rund 120 Interessierte zählte die Informationsveranstaltung über Vorsorgemaßnahmen für den Fall, selbst nicht mehr in der Lage zu sein, Entscheidungen der Gesundheitssorge zu treffen. Die große Resonanz zeigt, wie wichtig das Thema ist – nicht erst im hohen Alter oder Krankheitsfall.

Plötzlich schwer zu erkranken und eventuell nicht mehr selbst entscheiden zu können, ist ein Gedanke, über den wohl niemand gern nachdenkt. Jeder möchte gesund und fit alt werden. Als Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, weiß Dr. med. Christoph Uhrlau jedoch, wie schnell jeder Mensch in die Situation geraten kann, plötzlich nicht mehr seinen eigenen Willen äußern und selbstbestimmt über medizinische und pflegerische Maßnahmen entscheiden zu können. Die Gründe dafür sind vielschichtig und reichen von einem Unfall, über akute Erkrankungen wie einem Schlaganfall, bis hin zum langsam fortschreitende Abbau im Rahmen einer Demenz. Aber wer entscheidet über mich, wenn ich selbst nicht mehr dazu in der Lage bin und wie kann ich beeinflussen, was mit mir geschieht? Die gestrige Sonntagsvorlesung gab Antwort und beleuchtete verschiedene Vorsorgemaßnahmen, um sich und Angehörige auf den Ernstfall vorzubereiten.

Wie funktioniert das neue Ehegatten-Notvertretungsrecht?

Für Viele ist es selbstverständlich, den Ehepartner in medizinischen Notfallsituationen zu vertreten und für diesen Entscheidungen treffen zu können - ein weit verbreiteter Irrglaube. Sofern die Eheleute keine Vorkehrungen für den Ernstfall getroffen haben, waren sie nach bisher geltendem Recht nicht befugt, Einverständniserklärungen zu erteilen. Seit dem 1. Januar 2023 erweitert das sogenannte Ehegatten-Notvertretungsrecht die Palette der Vorsorgemaßnahmen und berechtigt Ehegatten, in gesundheitlichen Akutsituationen, für den jeweils anderen zu entscheiden. Gemäß ihrer Bezeichnung, gilt die Verordnung jedoch nur für zusammenlebende Ehegatten sowie eingetragene Lebenspartnerschaften, nicht etwa für Kinder oder Lebensbeziehungen ohne Trauschein. Zudem ist das Notvertretungsrecht zeitlich auf sechs Monate befristet. Sollte eine Notvertretung erforderlich werden, wird der Arzt zum juristischen Helfer und kann per Formular die Ehegatten-Notvertretung im Krankenhaus feststellen.

Ersetzt das Ehegattennotvertretungsrecht eine Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung?

Ein klares Nein! „Unabhängig von der Option der Ehegatten-Notvertretung sollte eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung erstellt werden.“, empfiehlt Dr. med. Christoph Uhrlau. In seinem Alltag als Intensiv- und Notfallmediziner sieht der erfahrene Chefarzt regelmäßig die große Not der Unwissenheit von Angehörigen und fügt hinzu: „Etwa die Hälfte weiß nicht, was der Angehörige genau möchte.“ Mit einer Patientenverfügung kann der Wille des Patienten definiert und festgelegt werden, welche medizinischen Maßnahmen in konkreten Situationen gewünscht oder auch abgelehnt werden. Getreu dem Motto: „Heute schon an morgen denken“, appellierte der Mediziner, schon frühzeitig den eigenen Willen aufzuschreiben. Dabei rät der Intensivmediziner von Musterformularen zum Ankreuzen, wie sie häufig im Internet zu finden sind, ab. Oft sind diese Vorlagen sehr allgemein gehalten und in konkreten Situationen für das Behandlungsteam nur wenig hilfreich. „Je präziser die Ausführungen über gewünschte oder abzulehnende ärztliche Behandlungen oder eine pflegerische Betreuung sind, desto sicherer ist es, dass sie das bekommen, was sie auch wirklich möchten. Unerlässliche Themen sind beispielsweise eine künstliche Ernährung und Beatmung, Schmerzbehandlung oder Wiederbelebung. Wichtig ist dabei, nach Akutsituationen und chronischen Verläufen zu unterscheiden. Im Rahmen seines Vortrages gab der Intensivmediziner einige Tipps zur Formulierung und zeigte Negativbeispiele.

Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung – und nun alles gut?

Eine Patientenverfügung in Verbindung mit einer Vorsorgevollmacht, die die Entscheidungsbefugnis bei Verlust der eigenen Handlungsfähigkeit regelt, kann für die Bevollmächtigten eine hohe Belastung und Bürde bedeuten. Daher ist es umso wichtiger, Bevollmächtigte zu informieren und mit ihnen über konkrete Situationen zu sprechen. Ebenso ist es ratsam, die Patientenverfügung regelmäßig zu überprüfen und an die konkreten Lebensumstände anzupassen, um mögliche Konflikte zu vermeiden. Auch ein Widerruf ist jederzeit möglich.

Die nächste Sonntagsvorlesung findet am 26. Mai 2024 statt. Oberarzt der Klinik für Urologie und Kinderurologie, Stefan Link, referiert zur Diagnostik und Behandlung bei weiblicher und männlicher Blasenfunktionsstörungen. Interessierte sind herzlich eingeladen, der Veranstaltung zu folgen.

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